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Martina Ehrlich

Ab sofort erscheint auf unserer Homepage immer freitags ein neuer Blog-Beitrag zu den unterschiedlichsten Regionen und Themen rund um Lateinamerika. Martina berichtet Aktuelles, Informatives, Skurriles und Spannendes vom Kontinent des Kolibris, erzählt Geschichten vom Reisen bis hin zu praktischen Tipps für die Vorbereitung Ihrer eigenen Reise.

Vom Kontinent des Kolibris 35 – Frauen Lateinamerikas

„Zwei Dinge, über die ich nicht entschied, entschieden über mein Leben: das Land,
in dem ich geboren wurde, und das Geschlecht, mit dem ich zur Welt kam.”
(Gioconda Belli – nicaraguanische Schriftstellerin)

Freitag ist Kolumnen-Tag. Und welches Thema passt am heutigen Freitag, dem 8. März 2024, also am Internationalen Frauentag besser, als über die Frauen Lateinamerikas zu schreiben?

Wenn man sich die schiere Größe Lateinamerikas ansieht, dem im allgemeinen Sprachgebrauch alle Länder südlich der USA zugehören, muss klar sein, dass in solch einem großen geografischen Gebiet von Land zu Land, von Lebensraum zu Lebensraum unterschiedliche Voraussetzungen für das Leben von Frauen vorherrschen. Wie das Alltagsleben einer Frau in Lateinamerika aussieht, hängt also nicht nur vom Heimatland, sondern auch vom Stand, von der Herkunft, von der Bildung und vor allem auch von ihren grundsätzlichen Lebensumständen ab. Wenn eine Frau in einer modernen Großstadt lebt, ist ihr Alltag und ihre Stellung innerhalb der Gesellschaft unter Umständen komplett anders, als wenn sie z.B. in einer kleinen Siedlung im Dschungel, in einer Minenstadt in den Anden oder im einsamen Patagonien lebt.

Dennoch gibt es ein paar grundlegende Voraussetzungen, die das Frausein in Lateinamerika prägen – zumindest seit der Zeit der sogenannten „Eroberung“ des Kontinents durch die Europäer im 16. Jahrhundert. Die lateinamerikanischen Gesellschaften lassen sich seit ihrer Kolonialzeit von Bildern des sogenannten „Marianismo“ – der Heiligkeit der Familie – sowie des „Machismo“ – der Dominanz der Männer – leiten. „Marianismo“ leitet sich vom Begriff der „Heiligen Jungfrau Maria“ des Katholizismus ab, den die Europäer in ihre neuen Kolonien mitbrachten und mit aller Beharrlichkeit unter den „ungläubigen“ Indigenen ausbreiteten. „Marianismo“ wurde zum Ideal für die weibliche Unschuld, Mutterschaft, Ehe und Familie. Diese regelrechte „Überhöhung“ fesselt die Frauen gleichzeitig in eine ihnen klar vorgegebene Rolle und ordnet sie und ihre Kinder dem Schutz und auch der Herrschaft der Männer unter. Frauen werden mit dieser Definition den Männern in allen Lebensbereichen unterstellt. Bis in die achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts gab es in manchen Ländern noch Gesetze, die die straflose häusliche Gewalt oder die Einschränkung der Reisefreiheit von Frauen zur Grundlage hatten.

„Marianismo“ bildet damit auch die perfekte Grundlage des „Machismo“, der bis heute für viele Lateinamerikaner immer noch als „typisch männlich“ gilt. Der Begriff „Machismo“ ist auf das spanische Wort „macho“ sowie das lateinische Wort „masculus“ für männlich zurückzuführen. Im Brockhaus wird der Begriff des „Machismo“ folgendermaßen definiert: „Durch starke Überlegenheitsgefühle und Herrschaftsansprüche gegenüber der Frau gekennzeichnete Einstellung des Mannes“.

Selbstverständlich hat sich auch in Lateinamerika im Feminismus der Frauen eine Gegenbewegung zu den alten Leitbildern entwickelt. Seit Ende des 19. Jahrhunderts kämpfen Frauen in verschiedenen Ländern und in den unterschiedlichen Lebensumständen dafür, dass sich die Opposition zwischen Männern und Frauen auflöst. Wie überall sind dies auch Leitfiguren aus der Kunstszene wie Schriftstellerinnen und Musikerinnen, aber auch Politikerinnen und Frauen in Schlüsselpositionen. Emanzipation in Lateinamerika bedeutet gleichzeitig die Auflösung der alten Sichtweisen des „Marianismo“ und des „Machismo“, was einhergeht mit der Verarbeitung der Eroberungstragödie und der gleichzeitig aufgebauten Machtstruktur der Katholischen Kirche.

Die erste Phase der Frauenbewegung fand in vielen lateinamerikanischen Ländern Anfang des 20. Jahrhunderts statt, ihre Stabilisierung wurde jedoch erst später durch soziale Bewegungen und den internationalen Austausch zwischen den Frauen begünstigt. Seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts gewinnt der Feminismus in Lateinamerika mehr und mehr politische Anerkennung und inzwischen gibt es in fast allen Ländern entsprechende gut organisierte Bewegungen.

Wenn man auf die Weltordnung der indigenen Völker vor Ankunft der Europäer schaut, war diese in weiten Teilen sehr viel ausgeglichener und geschlechter-gerechter. Die Mapuche zum Beispiel sehen ein Gleichgewicht zwischen männlichen und weiblichen Aspekten des Lebens, zwischen Gut und Böse, zwischen Himmel und Erde, zwischen Mann und Frau. Bei den Andenbewohnern ist die Sonne der männliche Aspekt, die Erde steht für Weiblichkeit, Fruchtbarkeit und Fortbestand der Völker. So wird dort die „Pachamama“ – die Mutter Erde – in ganz verschiedenen Ritualen verehrt, es werden ihr Opfergaben übergeben und Bitten für gute Ernten, Wohlstand und gesunde Nachkommen ausgesprochen. Auch in den Regenwaldgebieten wird „Mutter Natur“ immer weiblich gesehen und verehrt. Die afrobrasilianische Kultur ist ohne die verschiedenen „Orixás“ – weibliche wie männliche Gottheiten, die nur mithilfe von hoch angesehenen Persönlichkeiten, die eine Verbindung zu den Heiligen herstellen können, nicht vorstellbar. Hier haben Frauen wie Männer ihren festen anerkannten Platz.

Frauen in Lateinamerika suchen überall in ihren spezifischen Lebensräumen nach ihren Wurzeln in der dortigen Mythologie und schöpfen tiefe Kraft daraus. Am Internationalen Frauentag machen sie sich in allen Ländern alljährlich auf, kommen zusammen und marschieren in den Straßen für Ihre Rechte und gegen ihre Unterdrückung.

Im Namen von Leguan Reisen wünschen wir allen Frauen dieser Welt einen schönen, kraft- und liebevollen Internationalen Frauentag.

Bis nächste Woche

Martina Ehrlich

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