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Martina Ehrlich

Ab sofort erscheint auf unserer Homepage immer freitags ein neuer Blog-Beitrag zu den unterschiedlichsten Regionen und Themen rund um Lateinamerika. Martina berichtet Aktuelles, Informatives, Skurriles und Spannendes vom Kontinent des Kolibris, erzählt Geschichten vom Reisen bis hin zu praktischen Tipps für die Vorbereitung Ihrer eigenen Reise.

Vom Kontinent des Kolibris 47 – Der Andenkondor

„Ein Mann steht auf einem Berg, blickt über eine tiefe Schlucht. Sein weißer Schal verhüllt seinen Hals, spendet Wärme; sein weißer Schal verhüllt sein Geheimnis. Denn plötzlich streckt er seine Arme zu beiden Seiten aus, stürzt sich in die Tiefen und beginnt zu fliegen. Ward er doch zu einem Kondor geworden.“ – Mythologische Erzählung der Anden –

Diese kurze Erzählung lässt erahnen, welche tiefgreifende Bedeutung der Andenkondor im Weltverständnis der alten indigenen Völker hat. Der meist hoch am Himmel schwebende Kondor mit seiner beeindruckenden Flügelspannweite wird häufig mit Freiheit, Stärke und Transzendenz assoziiert. Er gilt als Verbindung zwischen Erde und Himmel und damit zwischen unserem menschlichen Sein und dem Göttlichen. Darüber hinaus wird der Kondor als Wächter angesehen, der von oben über die Erde wacht und ihr Schutz und Führung schenkt.

Doch hier ein paar Fakten: sieht man einen großen Vogel am Himmel, ist nicht ganz einfach auszumachen, ob es sich dabei tatsächlich um den größten aller Vögel der Anden handelt. Man kann den Kondor im Flug gut identifizieren, wenn man die beiden weißen Flügelspiegel oben auf den Flügeln erkennt, die unten komplett dunkel sind und keinerlei helle Färbung besitzen. Beim näheren Hinsehen erkennt man vielleicht auch die weiße Halskrause, die den nackten Kopf vom befiederten Rumpf absetzt. Männchen besitzen zudem einen roten Kamm auf dem Kopf, das Weibchen ist deutlich kleiner. Jungtieren fehlt die weiße Halskrause allerdings noch, sie sind durchgängig schokobraun.

Der heute in Südamerika verwendete Name „Cóndor“ – eingedeutscht Kondor – wurde den Vögeln wohl von den spanischen Konquistadoren im 16. Jahrhundert in Anlehnung an das Quechua-Wort „Kuntur“ verliehen. Der wissenschaftliche Name des Andenkondors – Vultur gryphus – wurde 1758 von Carl von Linné geprägt. Wenn man in den Weiten Patagoniens oder in den Hochanden unterwegs ist, verliert sich die wahre Größe der Andenkondore. Tatsächlich misst er sitzend am Boden eine Größe von 110-120 Zentimetern, das Gewicht der Männchen kann bis zu 15 Kilogramm betragen. Seine Flügelspannweite zwischen drei und dreieinhalb Metern ist beachtlich und er zählt damit zu den größten flugfähigen Vögeln weltweit!

Kondorpaare leben streng monogam entlang der kompletten südamerikanischen Andenkette. D.h. man kann sie in ganz Patagonien inklusive Feuerland beidseits der Anden sehen sowie ebenfalls in den nördlichen Andenländern wie Bolivien, Peru, Ecuador, Kolumbien und Venezuela. Der Gesamtbestand wird aktuell auf etwa 6.700 erwachsene Vögel geschätzt. Vor allem durch intensive Bejagung seit der spanischen Eroberung im 16. Jahrhundert hat der Bestand stark abgenommen, insbesondere in den nördlichen Andenstaaten. Mit der Intensivierung der Viehhaltung und wachsender Bevölkerung wurden Kondore zunehmend in entlegene Hochgebirgslagen abgedrängt. Hauptverantwortlich dafür waren Bejagung, Vergiftung und der Fang mit Fallen, da behauptet wurde, der Andenkondor würde Schafe oder Kälber töten, gelegentlich aber auch Kinder angreifen und davontragen… In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts intensivierte sich die Guano-Gewinnung an vielen peruanischen und chilenischen Abschnitten der Pazifikküste, sodass die dortigen Populationen, die sich vor allem von jungen Seevögeln, Eiern und Robbenkadavern ernährten, dezimiert und vielerorts, wie zum Beispiel auf der Paracas-Halbinsel in Peru, gänzlich ausgelöscht wurden. Auch von der indigenen Bevölkerung wurde und wird der Kondor bejagt, da viele seiner Körperteile und Knochen als Heilmittel gelten oder rituellen Zwecken dienen. Der Andenkondor ist der Wappenvogel einiger südamerikanischer Staaten. Trotz seiner großen allgemeinen Bekanntheit fehlen zu seiner Biologie noch immer viele wesentliche Daten.

Kondore bauen kein Nest, sondern legen 1-2 Eier in Felsspalten oder Felshöhlen in Steilwänden, in Baumhöhlen oder – je nach Gelände – sogar auf dem Erdboden ab. Die beiden Eier werden 55 bis 60 Tage bebrütet und meist schlüpft nur ein Jungvogel (das zweite Ei gilt als „Ersatz“), der dann von beiden Elternteilen gefüttert wird. Kondore ernähren sich von Aas – vorwiegend von kleinen Säugetieren, tote Fischen, Robben usw. Dazu fliegen die Kondore über weite Distanzen und Höhen, man kann sie sogar manchmal an den Küsten sehen. Ab dem 5. Lebensmonat beginnt das mittlerweile schokobraune Jungtier mit ersten Flugversuchen und geht nach etwa einem Jahr selbst auf Nahrungssuche. Aufgrund der langen Brutpflege brüten Kondore bei erfolgreicher Jungenaufzucht nur alle zwei Jahre.

Morgens lässt sich der Kondor bei guten Aufwinden von seinem Schlafplatz in die Thermik gleiten und dann immer höherschrauben. Dabei kann er Flughöhen von bis zu 10 Kilometern erreichen und mehrere Hundert Kilometer am Tag zurücklegen! Die Reiseberichte der Flugpioniere Gunther Plüschow und Ernst Treblow erzählen von Angriffen durch Kondore auf ihren offenen Doppeldecker, was nicht ungefährlich war… Durch die hohe Anzahl von roten Blutkörperchen macht dem Kondor die dünne Luft nicht allzu schwer zu schaffen und durch die optimale Nutzung der Thermik verbraucht er nur ganz wenig Energie. Man sieht Kondore nur äußerst selten mit den Flügeln schlagen. Die Lebenserwartung von Kondoren ist noch nicht zu hundert Prozent genau erforscht, einige Forscher sind jedoch der Meinung, dass eine Lebenserwartung von bis zu 100 Jahren durchaus möglich ist.

Die hohe Flughöhe dient den Kondoren bei Ihrer Nahrungssuche. Man hat untersucht, dass Kondore extrem gut sehen können – angeblich achtmal besser als das menschliche Auge. So kann der fast ausschließliche Aasfresser auch seine Nahrung gut ausmachen und sich dann zielgenau auf den Boden gleiten lassen. Kondore kommen nur zum Fressen auf den ebenen Erdboden, da es ihnen große Mühe macht, mit den großen Flügeln wieder in die Luft aufzusteigen. Man sieht die Kondore deshalb auch eher auf Felsklippen rasten.

Wenn Sie sich den Kondor rein äußerlich ansehen – wo würden Sie ihn verwandtschaftlich einordnen? – Die meisten Leute wohl bei den Geiern und Greifvögeln. Der Kondor zählt jedoch nicht zu den Greif-, sondern zu den Storchenvögeln! Jawohl! Er hat kürzere und dünnere Beine als z.B. ein Adler. Auch fehlen ihm die gekrümmten Krallen, mit denen er ein Tier im Flug wegtragen könnte. D.h. Kondore müssen ihre Beute direkt am Fressplatz vertilgen. Um die Jungen zu versorgen, muss die Nahrung im Kropf aufbewahrt, im Flug zum Horst gebracht und dort wieder hochgewürgt werden. Außerdem besitzen Kondore eine durchbrochene Nasenscheidewand – im Gegensatz zum Gänsegeier und wie die Störche. Die äußerliche Ähnlichkeit mit den Geiern nennt man Konvergenz und sie hat den Kondoren den Beinamen „Neuweltgeier“ eingebracht.

Wenn Sie Kondore sehen möchten, können wir Ihnen auf Ihren Reisen Orte mit in die Route einbauen, wo Sie diese „so gut wie sicher“ erleben werden.

In diesem Sinne „el condor pasa“

Martina Ehrlich

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