Wenn man in bestimmte Gebiete Mittel- und Südamerikas reist, wird man ihnen begegnen – den grazilen, oft auf nur einem Bein stehenden rosa Flamingos. Und das oft in einer ganz anderen Umgebung, als man dies aus Tiergärten und Zoos kennt und vermuten würde. Dort stehen sie oft recht fotogen in sattem Grün und vermitteln den Eindruck, dass Flamingos in freier Wildbahn in den grünen Tropenwäldern vorkommen. Weit gefehlt.
Flamingos kommen in Süd-, Mittel- sowie Nordamerika und auch in Europa, Afrika und Südwestasien vor. Sie werden in verschiedene Arten unterteilt, wobei ihre gemeinsamen Merkmale das rosafarbene Gefieder und der bestens angepasste gebogene Schnabel mitsamt seinem Zungenapparat sind. Flamingos bevorzugen alkalische und salzhaltige Lagunen und Salzseen, in denen kleine planktonische Algen oder Krebstiere leben, die ihnen als Nahrung dienen. Damit nehmen sie Carotinoide zu sich, die ihr Organismus mit Hilfe von Enzymen umwandeln kann. Es entstehen dabei Pigmente, allem voran Canthaxanthin, welches dann in Haut und Federn ausgewachsener Flamingos eingelagert wird und sie so rosa macht, wie wir sie kennen. Diese Nahrungsquellen liegen in Lateinamerika in den kargen Wüstenregionen der Anden, der Küste und Patagoniens. Zusätzlich fressen sie kleine Fische, Krebse und Samen von Wasserpflanzen. Ihre Zunge bewegen sie beim Fressen extrem schnell und ständig vor und zurück, um Wasser in den Schnabel hinein und wieder hinaus zu befördern.
Ihr charakteristischer „geknickter“ Schnabel ermöglicht es ihnen, Plankton aus dem Salzwasser oder -schlamm zu filtern. Dabei helfen zusätzlich die feinen Lamellen am Schnabelrand und ihre Zunge, die dann – ähnlich wie die Barten der Bartenwale – als großer Filter dienen. Flamingos auf ihren langen dünnen Beinen sind bestens ausgestattet, um durch Gewässer zu schreiten. Vor dem Abflug nehmen sie meist ein paar Schritte Anlauf, breiten ihre schönen langen Flügel aus und heben dann ab. Sie können Fluggeschwindigkeiten bis zu 60 Stundenkilometer erreichen. Was man selten sieht, sind schwimmende Flamingos, wobei sie als gute Schwimmer gelten. Typisch ist auch, dass Flamingos gerne auf nur einem der beiden dünnen Beine stehen, sie können dabei sogar schlafen! Dies ist ein sonderbares Phänomen, denn wenn sie auf zwei Beinen stehen, brauchen sie mehr Muskelkraft. Auf einem Bein hingegen balancieren sie mit minimaler Körperanstrengung. Dabei verschiebt sich der Körperschwerpunkt komplett über das andere Bein.
Es gibt in Lateinamerika vier verschiedene Flamingoarten. Der Anden- oder Gelbfußflamingo – Phoenicoparrus andinus – lebt zum Beispiel in den weiten Hochebenen der Anden im Süden Perus, im Südwesten Boliviens sowie im Nordosten Chiles. In El-Niño-Jahren sieht man ihn auch in Nordwestargentinien. Sein Verbreitungsgebiet bewegt sich zwischen dem auf 2.200 Metern über dem Meeresspiegel liegenden Salar de Atacama und den Salzlagunen des Altiplano bis auf 4.500 Metern Höhe.
Man erkennt ihn an dem charakteristischen schwarzen Dreieck an seinem Schwanzgefieder. Das restliche Federkleid ist blass-rosa bis weiß – je nachdem wie groß das Algenangebot ist, welches allen Flamingoarten ihre typische rosa Farbe schenkt. Der Andenflamingo erreicht eine Körpergröße bis zu 110 Zentimetern. Sein Schnabel ist schwarz, nur an der Basis ist er gelb wie auch seine Beine. Pro Brutsaison zwischen Dezember und Februar legt das Flamingoweibchen auf einem Erdhügel ein einzelnes Ei ab. Jungvögel besitzen ein weißes Daunenkleid sowie noch einen geraden Schnabel. Gefüttert werden sie von den Eltern mit einer sogenannten Kropfmilch, die die benötigten Proteine, Kohlenhydrate, Fette und Blutzellen enthält. Ihr Gefieder wird dann grau mit auffälligen Streifen an der Oberseite der Flügel. Erst im Laufe der Zeit mit der vermehrten Nahrungsaufnahme der besagten Algen färbt sich ihr Federkleid immer intensiver rosa. Sobald die Jungvögel das Nest verlassen, bilden sie Kinder- und Jugendgruppen. Andenflamingos überhört man nicht – sie stoßen ein lautes Trompeten aus, das dem von Gänsen ähnelt. Durch den vermehrten Abbau von Lithium an den Salaren der Anden ist die Heimat und damit auch der Bestand der Art der Andenflamingos stark bedroht.
Oft bilden Andenflamingos gemischte Gruppen mit den Chileflamingos – Phoenicopterus chilensis – sowie den James-Flamingos – Phoenicoparrus jamesi. Der Chileflamingo ist mit bis zu 140 Zentimetern die größte der vier in Südamerika vorkommenden Flamingoarten. Allein seine Beinlänge macht 40 bis 50 Zentimeter aus. Typisch ist der in S-Form gehaltene Hals beim Stehen, beim Fliegen wird er – wie bei allen Arten – langgestreckt. Auch sein Tröten ähnelt dem anderer Arten. Man kann den Chileflamingo gut an seinen eher grün- oder blaugrauen Beinen mit den stark rosa gefärbten Kniegelenken und Füßen erkennen. Sein Schnabel ist im oberen Teil weiß, im unteren schwarz. Anzutreffen ist er neben den Hochanden auch in Uruguay und Argentinien bis nach Patagonien und Feuerland. Sein Brutgebiet sind jedoch ebenfalls die Lagunen des Altiplano, wo sie in gemischten Kolonien ebenfalls ein Ei legen. Wenn dieses verloren geht, wird ein neues Ei nachgelegt. Frisch geschlüpfte Jungtiere haben ein nahezu weißes Daunenkleid, rosa gefärbte Beine und einen geraden Schnabel. Nah ein paar Tagen beginnt die Schwarzfärbung der Beine, das Daunenkleid wird grau. Die Jungtiere fressen mit ungefähr zehn Wochen selbständig und sind mit etwa eineinhalb bis zwei Jahren ausgewachsen.
James-Flamingos besitzen einen rosa Kopf, der hintere Rücken sowie der Nacken sind rot gesprenkelt oder gestreift, die Flügelränder sind schwarz. Der Schnabel ist auffällig gelb mit einer schwarzen Schnabelspitze. Seine Beine sind grau und rot gestreift. Er wird bis zu 135 Zentimeter groß und ist damit nach dem Zwergflamingo die kleinste Flamingoart. Sie kommen ab 2000 Metern Höhe in Südperu, Bolivien bis Nordchile vor. Im Winter suchen manche Vögel tiefere Höhenlagen auf. James-Flamingos ernähren sich ausschließlich von Kieselalgen und kleinen Krebsen, die sie ebenfalls in den Salzlagunen und Salaren des Altiplano finden. Ihre rosa Farbe erhalten sie vom roten Farbstoff der Krebstiere.
Auf den Galapagosinseln ist der bis maximal 145 Zentimeter große Kuba-Flamingo – Phoenicopterus ruber – beheimatet. Er besitzt ein sehr leuchtendes rosa Federkleid, welches er durch ein Pigment bei der Nahrungsaufnahme von Krabben, Insektenlarven, Mikroorganismen und Algen in den salzigen Küstenlagunen gewinnt. Er besitzt lange rosafarbene Beine, sogar sein Schnabel ist oben rosa und nur unten schwarz gefärbt. Kuba-Flamingos sind vor allem auf den Inseln Isabela, Santiago, Floreana, Rábida und Santa Cruz anzutreffen. Die Brutzeit beginnt etwa im Mai und endet im August, so dass man während dieser Zeit Flamingo-Balztänze beobachten kann. Nach etwa sechs Jahren gilt der Kuba-Flamingo als geschlechtsreif. Kuba-Flamingos stehen auf der Roten Liste Ecuadors in der Kategorie “gefährdet”. Es ist die Art mit der kleinsten Gesamtpopulation von Flamingos weltweit, die Bestände werden auf lediglich 320 bis 550 Individuen geschätzt.
Egal wo man Flamingos beobachten kann, sie faszinieren die meisten Menschen durch ihre grazile Form und ihre rosa Färbung. Haben Sie schon einmal Flamingos in freier Wildbahn gesehen?
Viele rosarote Grüße
Martina Ehrlich